Änderungen im Detail

Der Begriff der „konkreten Gefahr“ ist nunmehr im Gesetz selbst definiert (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 PAG n.F.). Ebenso wird die „drohende Gefahr“ nun in einer eigenen Norm bestimmt (Art. 11a PAG n.F.). Dabei wurde auch das Verhältnis zwischen der „konkreten“ und der „drohenden Gefahr“ im Gesetz klarer geregelt (Art. 11a Abs. 1 PAG n.F.). Damit wird klargestellt, dass die konkrete Gefahr der Hauptanwendungsfall für ein Einschreiten der Polizei bleiben soll.

Die „bedeutenden Rechtsgüter“, zu deren Schutz die Polizei beim Vorliegen einer drohenden Gefahr handeln darf, sind nun enger gefasst (Art. 11a Abs. 2 PAG n.F.). Insbesondere erfolgte eine Streichung der „erheblichen Eigentumspositionen“. Eine Beschränkung der polizeilichen Befugnisse erfolgte beim Schutzgut der „sexuellen Selbstbestimmung“. Hier darf die Polizei nur noch bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen einschreiten. Beschränkungen gab es auch für das Schutzgut „Sachen, deren Erhalt im besonderen öffentlichen Interesse liegt“. Hier kann die Polizei nun nur noch zum Schutz von „Anlagen der kritischen Infrastruktur sowie Kulturgütern von mindestens überregionalem Rang“ tätig werden.

Im Zusammenhang mit Kontrollstellen der Automatischen Kennzeichenerkennung erfolgte eine Anpassung der bestehenden Regelung des Art. 13 PAG auf Grundlage der Feststellungen des BVerfG in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2018, Az. 1 BvR 142/15 (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 PAG).

Die Regelungen zur DNA-Analyse als erkennungsdienstliche Maßnahme (Art. 14 Abs. 3 PAG) und zur Analyse unbekannten DNA-Spurenmaterials (Art. 32a PAG n.F.) wurden im Hinblick auf die Feststellungen der PAG-Kommission vor allem in verfahrensrechtlicher Hinsicht ergänzt. Insbesondere wurde ein grundsätzlicher Richtervorbehalt eingeführt. Darüber hinaus ist in dieser Vorschrift die Möglichkeit der Untersuchung der „biogeographischen Herkunft“ nun gestrichen.

Die Voraussetzungen für die Identifizierung eines Verstorbenen oder einer hilflosen Person mittels molekular-genetischer Untersuchung (DNA-Analyse) außerhalb strafrechtlicher Ermittlungsverfahren wurden auf Anregung der PAG-Kommission nun ausdrücklich geregelt (Art. 14 Abs. 4 PAG). Auch hier ist nun die Untersuchung von Proben unter einen Richtervorbehalt gestellt.

Die zulässige Höchstdauer eines (erstmalig) richterlich angeordneten Gewahrsams wurde von bisher drei Monaten auf längstens einen Monat reduziert. Sie kann nun nur bis zu einer Gesamtdauer von insgesamt maximal zwei Monaten verlängert werden (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 PAG n.F.). Damit wurde der Forderung der PAG-Kommission nach einer „deutlichen Reduzierung“ der zulässigen Höchstdauer einer richterlichen Gewahrsamsanordnung gefolgt.

Die Rechtsschutzmöglichkeiten für Betroffene eines präventiven Gewahrsams wurden umfassend ausgebaut. Insbesondere ist im PAG klargestellt, dass jedem, dem nach richterlicher Entscheidung über das Ende des Tages nach seiner Gewahrsamnahme hinaus die Freiheit entzogen werden soll, von Amts wegen ein Rechtsanwalt zur Seite gestellt wird (Art. 97 Abs. 4 PAG n.F.).

Im Zusammenhang mit dem Einsatz der Body-Cam in Wohnungen wurde auf Empfehlung der PAG-Kommission ein Richtervorbehalt für die Nutzung der Aufzeichnungen zum Zwecke der Gefahrenabwehr eingeführt (Art. 33 Abs. 4 Satz 5 PAG n.F.).

Dem Betroffenen gegenüber soll der Einsatz von Body-Cams in Wohnungen nun in geeigneter Weise dokumentiert werden (Art. 33 Abs. 4 Satz 4 PAG n.F.), etwa indem von der Polizei ein Informationsblatt ausgehändigt wird.

Darüber hinaus wurde für den Betroffenen die Möglichkeit, über die – auch außerhalb von Wohnungen – mit der Body-Cam aufgezeichneten Bild- und Tonaufnahmen Auskunft zu erhalten, im Gesetz ausdrücklich festgeschrieben (Art. 65 PAG).

Neben der Einführung neuer Richtervorbehalte erfolgte eine Aufzählung derjenigen Maßnahmen, die einem grundsätzlichen Richtervorbehalt unterliegen, gebündelt an einer zentralen Stelle im Gesetz (Art. 94 PAG n.F.). Zudem ist der grundsätzliche Richtervorbehalt auch in den jeweiligen Befugnisnormen nun transparenter geregelt.

Die verfahrensrechtlichen Vorschriften wurden entsprechend der Empfehlung der PAG-Kommission ergänzt und in einem neuen Abschnitt an zentraler Stelle im Gesetz zusammengefasst (IX. Abschnitt „Richtervorbehalte; Gerichtliches Verfahren“).

Es wurden im PAG zusätzlich einige notwendige rein redaktionelle Anpassungen vorgenommen. So ist nun beispielsweise die bestehende Vorschrift des Art. 36 PAG leserlicher und damit anwenderfreundlicher gestaltet oder die Angaben in Art. 15 Abs. 3 Nr. 1 „Leib, Leben“ an den sonst im Gesetz üblichen Wortlaut „Leben, Gesundheit“ angepasst.

Neue Befugnisse für die Polizei wurden damit nicht geschaffen.

Es wurde eine Rechtsbeschwerde zum Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) eingeführt (Art. 99 PAG n.F.). Auch hiermit wurde eine Empfehlung der PAG-Kommission umgesetzt.

Die im Zeugenschutz bereits etablierten Grundsätze und Standards für umfassende Schutzmaßnahmen wurden im PAG für den Bereich des Operativen Opferschutzes festgeschrieben (Art. 92 PAG n.F.). Hierbei handelt es sich um eine aus Gründen des effektiven Opferschutzes notwendige Änderung.

Zuverlässigkeitsüberprüfungen sind seit jeher ein wesentlicher Baustein zur Gewährleistung der Sicherheit bei Großveranstaltungen. Großveranstaltungen bedürfen eines besonderen Schutzes, wenn sie mit erheblichen Sicherheitsrisiken verbunden sind, weil beispielsweise ein möglicher Anschlag oder sonstige schwere Straftaten in Zusammenhang mit diesen Ereignissen zu einer Vielzahl von Opfern führen können.

Aufgrund der angespannten Sicherheitslage und einer Vielzahl terroristischer Ereignisse in den letzten Jahren ist es inzwischen weltweit üblich, dass Veranstalter bestimmter Großveranstaltungen darauf bestehen, dass die eingesetzten Beschäftigten und Dienstleister im Vorfeld auf ihre Zuverlässigkeit überprüft werden. Besucherinnen und Besucher dieser Veranstaltungen sind in keinem Fall Adressat dieser Zuverlässigkeitsüberprüfungen.

Aus Gründen der Transparenz und Rechtssicherheit forderte der Landesbeauftragte für Datenschutz eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Eine solche Regelung wurde im PAG aufgenommen (Art. 60a PAG).

Die Überprüfung findet auf Antrag des Veranstalters oder auf Veranlassung der (örtlichen) Sicherheits- oder Genehmigungsbehörde statt. Sie erfordert ausnahmslos die Einwilligung der betroffenen Person.

Die Polizei prüft anhand der vom Veranstalter übermittelten Daten, ob zur betroffenen Person in den polizeilichen Akten und Datenbanken oder bei anderen öffentlichen Stellen Erkenntnisse von sicherheitsrechtlicher Bedeutung mit Auswirkung auf die Zuverlässigkeit der Person, wie beispielsweise einschlägige Vorstrafen, vorliegen. Welche Akten und Dateien hierbei überprüft werden, hängt von der konkreten veranstaltungsbezogenen Gefährdungs- und Lageeinschätzung sowie der jeweiligen Tätigkeit der Person und ihrer damit verbundenen Zugangsrechte ab. Angehörige des Ordnungsdienstes, welche den Einlass auf das Veranstaltungsgelände kontrollieren und dabei unter anderem das Einbringen von Waffen und gefährlichen Gegenständen verhindern sollen, werden beispielsweise strenger überprüft, als der Zeitschriftenverkäufer, der keinen Zugang zum Spielfeld und zu den Zuschauertribünen hat.

Auf Wunsch teilt die Polizei dem Betroffenen mit, wenn sie Sicherheitsbedenken hat, noch bevor der Veranstalter von der Polizei informiert wird. Wenn dieser nicht möchte, dass sein Arbeitgeber oder Auftraggeber von den Sicherheitsbedenken erfährt, hat er die Möglichkeit, von seiner Tätigkeit bei dem entsprechenden Ereignis Abstand zu nehmen. Alternativ hat der Betroffene die Möglichkeit, die Sicherheitsbedenken gegenüber der Polizei auszuräumen.

Das Polizeiaufgabengesetz wurde mit der Novelle verbessert, optimiert und abgerundet.